Lästerfasten

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Es ist ruhig im Kopf. Nur wohlwollende, freundliche Gedanken, von Zeit zu Zeit etwas Einfühlung, manchmal der Genuss einer schönen Farbenkombination. Dann wieder volle Konzentration auf die Arbeit. Es ist ruhig und konzentriert. Sieht so Ihr Arbeitstag aus?

Abschalten können

Die Fähigkeit, abends zur Ruhe zu kommen, leer zu sein, wahrhaft engagiertes Nicht-Engagement zu finden, kann man trainieren. Zum Beispiel mit dem ganz wunderbaren Lästerfasten.
Nicht nur, dass man sich in den Raucherrunden nicht beteiligt an Gesprächen über die… oder über den…, sondern auch im Geiste mal sich freundlich beobachtet, wie oft unfreundliche Gedanken durch den Geist geistern: “Wie sieht denn die aus?”, “Das ist ja unverschämt”, “Ich sollte mehr Sport machen, ich bin zu dick!” oder ähnliches. Kennen Sie das?

Am ersten Tag muss man, wie immer beim Fasten, erst einmal etwas entgiften. Hilfreich hierfür ist, sich mal alle innere Abwertungskommentare zu notieren. Und freundlich anschauen, was der Geist da alles so produziert. Mehr nicht. Sich vor allem nicht selber abwerten, dafür, dass man im Sekundentakt Abwertungen für sich und andere produziert.

Am 2. Tag wird die Übung schon anspruchsvoller: Innehalten beim inneren Lästern. Sich überlegen, was man eigentlich gerne anders hätte., was man selber für einen Pullover für kleidsamer bei dem Kunden gehalten hätte, zu hören, welches Wort man eigentlich gerne gehört hätte usw. (Leser des Blogs kennen schon die gute alte VW-Regel…). Und danach immer gleich die Frage: Ist das wirklich so?
Warum “sollte”, “müsste” ich oder der Andere dies oder jenes tun und sein? Was wäre dann erfüllt? Was hätte der Andere vielleicht gebraucht? Was brauche ich? (Einfühlung aktiviert immer Areale des Großhirns, man wird dadurch auch klüger, lohnt sich also)

Am 3. Tag werden die Lästereien weniger, sie huschen durch das Gehirn durch wie Wolkenschatten, ich lass sie ziehen. Vielleicht, wenn ich müde oder hungrig bin, können es ein paar Versuchungen mehr werden. Beachten Sie dies, aber freundlich… Wenn Sie möchten, sprechen Sie an, was Sie gerne gehabt hätten, wenn nicht, tun Sie es nicht. Aber bitte Eines nicht: Im Rauchereckchen die Klugereien absondern, was besser gewesen wäre für den Anderen, was Sie besser gemacht hätten etc.

Sondern: Lästerfasten.

Kann schon sein, dass das erst einmal einsam macht in der Mittagspause. Kann schon sein, dass diese Lust, sich gemeinsam auszukosten, einem Fastenden das Leben schwer machen kann. Kann aber auch sein, dass Ihr Gehirn ganz ruhig wird. Ganz fein. Sich auf einen Duft konzentriert, wahrnimmt, wie es jemandem geht, und ganz bei der Sache ist.

Kann sein.