Feier Abend

Ich hoffe, Sie haben, während Sie diese Zeilen lesen, Ihren Feier Abend bereits ausgiebig gefeiert. Und das Tagwerk ebenso!
Die Zahl derer, die so erschöpft nach Hause kommen, dass sie nur noch die häuslichen Abläufe irgendwie meistern, und dann vielleicht noch “Verklag mich doch” oder ähnliche Formate anschauen können, steigt. Vom durchgearbeiteten Schlaf sprechen wir hier gar nicht. Sondern vom Feiern. Und das geht so:

  • Ein kleines Innehalten kurz vor Arbeitsschluss: Was ist mir heute geglückt?
  • Welchen Moment der Schönheit habe ich heute erlebt; ein Geruch, ein blauer Schal, eine feine Tasse Kaffee, ein Lächeln, eine Geste der Besonnenheit….?
  • Was also gibt es zu feiern? Was noch?

Ich habe einen guten Freund, der feiert die erste Birne am Baum und die letzte, den 100. Tag und den 101. Tag. Ich habe mal ein Teamcoaching gegeben, in dem die Projektarbeit ein Rödeln ohne Atempause war. Seitdem das Team immer am Nachmittag kurz gemeinsam innehält, um die Arbeitsergebnisse zu feiern, wird die Arbeit als erledigt wahrgenommen.

Alles ist Rhythmus. Von Tun und Nicht tun. Von Streben und Feiern. Und wenn Sie es nur feiern, dass Sie nach getaner Arbeit mit einer schönen Flasche Bier auf der Couch stranden, so ist es doch etwas anderes, als mit verschämtem: “Eigentlich sollte ich doch Sport machen” den Film anzuschauen.

Ins Bett zu gehen, und sich zu preisen, dass man von den 27 Dingen auf der To Do Liste vielleicht 11 geschafft hat, statt sich anzuklagen, dass man die meist völlig unrealistischen Tagespläne nicht erfüllt hat – das wäre ein erster und wichtiger Feierschritt. Man hatte sicher gute Gründe, nicht mehr zu schaffen. In einer Zeit, in der ich kaum noch jemanden erlebe, der am Feierabend sagen kann: “Alles geschafft” – ich hatte sogar noch Zeit für gemütliche Extras, ist es deutlich gesünder, sich anzuerkennen für das, was man eben geschafft hat. Also Feiern statt Mangelbewusstsein.

Feierrituale können sein:

  • Erst einmal eine Musik des Tages für fünf Minuten hören. Eine Schleuse sozusagen, zwischen Arbeit und Privatleben.
  • Sich bewusst mit einer kostbaren Seife die Hände waschen oder zu duschen – und so bewusst sich zu reinigen von dem Tag
  • Es mutet einen seltsam an, einen Tag mit einem extra gesunden Essen zu feiern, meist belohnen wir uns doch mit Speisen, die für den Körper eher anstrengend sind: Schokolade, Wein, schweres Essen… Ich persönlich würde, obzwar vegan lebend, jetzt auch nicht unbedingt mit einer Rohkostplatte einen harten Arbeitstag feiern, aber einen Versuch wäre es wert.
  • In einen Kalender schreiben, was heute geglückt ist, was eine gute Einsicht heute war – und an Silvester nochmal so das Jahr zu reflektieren
  • An einen “Heiligen Ort” gehen, einen besondern Ort, der einem Ruhe, Einkehr, Ausblick schenkt und einfach  nur in das Himmelsblau schauen.
  • Umso konkreter das Ritual, desto mehr wird allein der Geruch der Seife z.B. den Körper schon erinnern: Entspann dich, es ist gut. Alles ist getan. Jetzt ist Ruh.

Und jetzt trinke ich mit meinem Mann ein schönes Glas Rotwein.

Um dann, vom vielen Feiern müde, statt erschöpft, ins Bettchen zu gehen.