Nur noch kurz die Welt retten

Wie viele Menschen erleben gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt einen Moment, nachdem nichts mehr so ist, wie es war. Ob durch Krankheit, Ungerechtigkeit, Gewalt oder Unglück. Ein Moment nur entscheidet, es wird ein Vor- und ein Nachher geben. Die bittere Lehre, das Schicksal so anzunehmen, wie es ist, wird gekostet. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Fähigkeit, Glück und Zufriedenheit zu empfinden, beinah unabhängig ist, von Schicksalsschlägen oder Lottogewinnen. Nach einer Zeit pegelt es sich wieder ein, in die jeweilige Fähigkeit, anzunehmen, was ist.
Kennen Sie Menschen, die noch nicht dieses Einsehen in das bedingungslose Schicksal haben mussten, die mit Eifer Unglück verhindern möchten? Gerade jetzt, in der heiß geführten Klimadebatte (für die es sicher und ohne Wenn und Aber einzusetzen lohnt) finden wir Einige, die mit “müssen” und “sollen” bewaffnet das heilige Schwert schwingen – und bei den Zuhörern leider oft auf Gegenwehr stoßen. Gestern hatte ich einen Vortrag über den Zusammenhang von Fleischkonsum und Klima supervidiert – und, obwohl die Fakten für sich sprechen, beobachtet, dass die Teilnehmenden sich nicht eingeladen gefühlt hatten, auf Fleisch zu verzichten. Wir kennen Heilpflanzen, aber kein Heilfleisch: ob also der eigenen Gesundheit wegen, dem Klima oder aus ethischen Gründen – eigentlich weiß man es, und handelt doch anders.
Ich hoffe so, dass wir die Einladungen, die wir jetzt gerade so viel in den Medien lesen können, zu klimagerechtem Verhalten hören werden, um nicht Momente erleben zu müssen, nach denen es kein Zurück mehr gibt. Ich hoffe, dass wir die erste Birne auf dem Baum feiern und die Letzte. Jeden Moment auszukosten, in dem wir Natur so erleben, wie wir sie seit Jahrhunderten kennen und mit Leichtigkeit, ohne Schuldzuweisungen, mit Eigenverantwortung auf die Anforderungen der Zeit reagieren. Und sehen Sie, jetzt bin auch ich schon dabei, mit heiligem Schwert zu schwingen, statt mit gnadenlosem Blick auf das zu schauen, was eben isst und ist.